Im Gegensatz zu den Treffen der Bibliothekare sind die Fortbildungen in der Stadtverwaltung immer ein Krampf. Meist sind es so Themen wie Arbeitsschutz, Datenschutz oder Brandschutz, zu denen eine Fortbildung im Amt stattfindet. Das sind alle zwei Jahre fast identisch wiederholte Themen und Inhalte. Auf die Dauer sehr öde. Am interessantesten war da noch ein Ersthelferkurs, bei dem man wirklich mal Wissen auffrischen konnte. Dieser wurde aber bisher, in meinen 13 Amts-Jahren, nur einmal angeboten.
Nun sollte die gesamte Stadtverwaltung digital und papierlos werden. Eine erste Präsentation der dafür einzuführenden neuen Software war mehr als öde. Ganz begeistert führte man uns die wichtigsten Funktionen des neuen Programms vor und drohte uns weitere Fortbildungen an. Ich bin kein Freund von so etwas. Ich bin da eher für learning by doing. Einfach anfangen und reinwurschteln. Die Fragen kommen dann noch früh genug. Mir genügt dafür eine Handreichung oder ein kurzer Rat von Kollegen.
Optimal fand ich die Begleitung bei der Einführung meiner Bibliothekssoftware. Da schaltete ich mich mit der verantwortlichen Kollegin per Fernwartung zusammen und sie führte mir mit der Maus alles Wesentliche vor und gab dabei Tipps und Hinweise aus ihrer eigenen jahrelangen Praxis. Das war richtig super. Beim Reinwurschteln konnte ich immer fragen. Da rundum alle Bibliotheken mit der gleichen Software arbeiten, konnte man auch alle fragen und nicht nur immer die eine Kollegin nerven. Dies nahm ich aber nicht allzu oft in Anspruch. Vieles erklärte sich von selbst.
Als wir von der Stadtverwaltung die Einladung zu einer Fortbildung bezüglich der ebenfalls neuen Finanzbuchungs-Software erhielten, hatte ich gerade total viel am Hacken. Da ich dachte, es sei wieder nur so eine allgemeine Vorab-Präsentation, verzichtete ich auf die Teilnahme. Geht mich nix an, dachte ich. Mein Bibliotheks-PC hat ja noch nicht mal dieses neue Programm intus, der Arbeitsspeicher gibt das nicht her – also wer weiß, wann ich damit arbeiten muss?! Aber das war ein Trugschluss. Kurz nach dem Fortbildungstermin wurde ich mit neuer PC-Technik überrollt, das neue Programm wurde gleich mit aufgespielt, die Arbeit darin war ab jetzt verpflichtend. Uuups!!! Aber ich sprang ins kalte Wasser. Anfangs gab es ein kleines nervendes Passwort- und Zugangs-Wirrwarr, dann sah ich die zu begleichenden Rechnungen und konnte online die Buchung veranlassen. Okay, die ersten Rechnungen wurden von der Kämmerei wieder zurückgegeben, nicht ohne schnippische Kommentare: Tja, wären Sie bei der Fortbildung gewesen, dann … Tja, liebe Leute, wie wäre es denn mal mit vernünftiger Kommunikation im Vorfeld gewesen? Nicht nur eine lapidare Einladung zu „Software Soundso“, sondern wenigstens ein kurzer Text dazu: Etwa so: Ab dem … wird die Software verbindlich eingeführt. Diese Schulung befähigt Sie dazu, die xyz-Arbeitsgänge in dieser Software durchzuführen. Wäre doch nett gewesen, oder? Vielleicht hätte ich mir die Teilnahme doch noch überlegt? Aber Kommunikation war noch nie die Stärke unseres Amtes. Also Learning by doing. Und das in einer absoluten Stressphase mit vielen weiteren Sonderaufgaben zum Alltäglichen obendrauf. Und noch dazu zum Jahresende, wo die meisten Rechnungen anfallen. Nach drei zurückgegebenen und wieder genommenen Rechnungen hatte ich es drauf. Zumindest die Rechnungen, die allein für die Bibliothek und das Stadtarchiv bestimmt waren, konnte ich anweisen. Doch bei den anderen kam ich nicht weiter. Es hakte und klemmte, bis jemand darauf kam, dass ich ja keine Zugangsberechtigung dafür hatte, auch noch für das Museum, über welches ein Teil der Kosten des Hauses laufen, Rechnungen anzuweisen. Dann stolperte ich weiter in dieser Software. Eine Handreichung bekam ich nie zu Gesicht. Die zuständige, immer noch etwas schnippische Kollegin in der Kämmerei kann nicht gut erklären, das hatte ich schon bei anderen Gelegenheiten gemerkt. Die Kollegin, die am besten erklären konnte, war da gerade für längere Zeit abwesend. „Was muss ich denn tun, um eine Rechnung in die drei Produkte Archiv, Bibliothek und Museum aufzuteilen?“ – Drücken Sie „Split.“ Okay. Split gedrückt. Und dann? Da ich nicht schon wieder anrufen wollte, riet ich mich weiterklickend durch die Maske. Versuchen wir es doch mal mit diesem leeren blauen Datenblatt da über dieser Tabelle? Bingo! Ab dann erklärte es sich von selbst. Wieder was gelernt! Und jetzt spart die Arbeit mit dieser Software wirklich Zeit und Papier.
Aber über diese Software wollte ich eigentlich nicht schreiben. Denn es stand ja schon die nächste Schulung ins Haus, diesmal zur Software, die die papierlose Verwaltung koordinieren soll. Die Einladung versetzte mich in Schrecken: Schulung von 9 – 16 Uhr, die halbe Verwaltung bitte kommen, vorher alle zum Test. Wie, ich soll mit der halben Verwaltung sieben Stunden in einem Raum verbringen? Und mir so ein trockenes Software-Zeug anhören? Das ist ja Horror! Ich schickte ein Stoßgebet los, dass man mich doch bitte von dieser Qual befreien möge. Gleichzeitig schickte ich eine Mail an die Verantwortliche, mit der Frage, ob auch die Geimpften zum Test müssen und merkte bei dieser Gelegenheit an, dass es schade sei, dass zum wiederholten Mal Fortbildungen auf die Öffnungstage der Bibliothek fallen. Die Verwaltungs-Kollegen haben sich ja wieder beizeiten mit Öffnung nach Terminvereinbarung verbarrikadiert und eingemauert, aber ich möchte weiterhin für die Bürger da sein. Die Antwort kam prompt: Testen müssen sich alle, da wir ohne Maske arbeiten wollen. Und mir wurde freigestellt, am nächsten Tag, am Schließtag der Bibliothek, teilzunehmen, denn dann würde die andere Hälfte der Verwaltungs-Kollegen geschult werden. Na, das mache ich doch glatt! Dann leidet wenigstens nicht die Bibliothek, die unter 2 G plus schon genug leidet.
Der Fortbildungstag kam. Ich ging erstmal, ohne den Test zu machen, in den Schulungsraum, um mir einen Platz zu sichern. Die Teilnehmer-Plätze waren dicht an dicht gestellt und mit Laptops ausgestattet. Wie, Schulung am Laptop? Sowas kann unsere Verwaltung? Als ich noch am Wundern war, stellte sich heraus, dass leider alle Schulungsplätze belegt waren. Man hätte gedacht, dass da noch ein Platz für mich übrig wäre, aber das wäre wohl ein Versehen gewesen. Ich sollte mich zu einem Kollegen dazu setzen. Nebenbei wurde erwähnt, dass zwei Kolleginnen, beide C-erkrankt bzw. in Quarantäne, von zu Hause aus an der Schulung teilnehmen. Meine Stimmung hellte sich schlagartig auf und ich fragte: „Kann ich denn nicht auch von der Bibliothek aus online teilnehmen? Ich habe doch jetzt dort einen neuen Laptop, der kann das leisten!“ – „Ja, natürlich, kein Problem!“ Ganz strahlend und befreit rannte ich zurück zur Bibliothek, machte es mir dort gaaanz bequem an meinem eigenen Arbeitsplatz mit meinem eigenen bequemen Bürostuhl, braute mir ein Käffchen und auch zwei, loggte mich ein und los ging’s. Herrlich entspannt lauschte ich dem Treiben auf der Schulung in der Stadtverwaltung, machte nebenbei noch dies und das, wenn sie dort gerade zu lange irgendwas übten, und war glücklich und zufrieden. Für die wichtigsten Erklärungen legte ich mir eine Textdatei an, aber diesmal würde es auch eine Handreichung geben. Ab und zu wurde ich mal etwas gefragt und gab Laut. Aber es war ein viel entspannteres Lernen, als dort im Rudel zu sitzen und sofort alles machen zu müssen, was angesagt wurde.
Da hat mein Stoßgebet wirklich geholfen, sogar viel besser als gedacht. Kleine Wünsche erfüllt der liebe Gott sofort – man muss nur fest dran glauben … 🙂
Abschließend wäre noch zu vermelden, dass ich in meiner Außenstelle nie intensiv im täglichen Betrieb mit diesem Programm werde arbeiten müssen, da in der Bibliothek selten archivwürdige Akten anfallen. Da läuft ja schon alles über eine Software. Als zuständige Stadtarchivarin muss ich aber das Prinzip dieses Programms verstehen, da ich auch digital anfallendes Schriftgut des gesamten Amtes verwalten muss und beispielsweise in jedem Jahr entscheiden muss, welche Akten vernichtet werden können, weil die Aufbewahrungsfristen ablaufen. Die Kollegen, die in Teams an einem Vorgang arbeiten oder die haufenweise Amts-Schriftverkehr wie Gebührenbescheide haben, müssen dieses Programm schon beherrschen.